Ein guter Freund und Mitfreiwilliger von mir hat mich gestern darauf angesprochen, dass ich ja schon länger nichts mehr geschrieben habe.
Das stimmt und es hat auch einen ganz einfachen Grund: Ich fühle mich inzwischen hier so zu Hause, dass mir oft gar nichts mehr auffällt, worüber ich schreiben könnte und was von Deutschland aus interessant sein könnte.
Der Alltag ist recht schnell gekommen, im Rückblick würde ich sagen, nach etwa 3 Wochen.
Und ich kann mich noch gut daran erinnern, wie ich nach 2 Monaten gesagt habe: Das fühlt sich alles schon so sehr nach Zuhause an.
Dennoch wird es mit jeder Woche und jedem Monat immer stärker. Inzwischen ist es kaum vorstellbar, wie es ist in Deutschland zu leben.
Diese Entfernung zu Karlsruhe, zur Familie, zu den Freunden ist irgendwann einfach egal, weil ich mich hier so wohl fühle.
Was dazu beiträgt ist natürlich, dass ich inzwischen hier unglaublich gute Freunde und Freundinnen gefunden habe.
Mit drei guten Freunden war ich Ende des Jahres – vor Silvester – in Eilat, am Roten Meer.
Es hat sehr gut getan mal aus Jerusalem rauszukommen!
Eilat ist eine beeindruckende Stadt. Irgendwie erinnert es ein bisschen an eine amerikanische Stadt, überall sieht man große Logos von Marken und viele große Hotels, nachts leuchten überall Lichter.
Gleichzeitig hat man im Hintergrund immer die jordanischen Berge.
Silvester habe ich in der Propstei mit vielen, tollen Menschen verbracht.
Trotzdem ist Silvester in Jerusalem eigentlich nicht sehr spektakulär, da das eigentlich nicht gefeiert hat.
Jede Religion hat ihren eigenen Kalender und damit ihren eigenen Jahresbeginn.
Ein bisschen Feuerwerk konnten wir aber von den Dächern der Altstadt trotzdem sehen.
Habibi ist das arabische Wort für Schatz, Liebling oder Freund und wird hier hochfrequenziert gebraucht.
Nach 4 Monaten kennen mich auch viele Einheimische.
Gestern war ich mit einer Freundin in Bethlehem, einkaufen. Und ein guter Tuchhändler (zu empfehlen für die hier Lebenden: Barakat Stores in der Nähe der Geburtskirche) erkannte mich wieder, nachdem wir im Oktober einmal dort waren und hat uns einen guten Preis gemacht.
Er hat sich sehr gefreut, dass ich da war und wusste noch, dass ich in Jerusalem wohne.
Als ein befreundeter Freiwilliger vom Archäologischen Institut und ich gestern Abend vom Damaskus Tor nach Hause auf den Ölberg fahren wollten, hielt plötzlich ein Auto nehmen uns an.
Wir drehten uns zu Seite, um zu fragen, wie viel der Fahrer möchte, um uns auf den Ölberg zu bringen.
Doch der Fahrer sagte nur: Don’t ask! Twenty Shekel as usual.
Es war ein arabischer Arzt, dessen Namen ist leider vergessen habe, der uns schön oft mitgenommen hat. Es ist so ein schönes Gefühl, zu wissen, dass einen die Leute hier kennen!
Neulich ist auch etwas ganz tolles passiert. Ich habe bei unserem Obst- und Gemüseladen hier im Viertel eingekauft.
Natürlich kenne ich den Verkäufer auch und ich probiere immer meine wenigen Arabisch-Vokabeln an ihm aus.
Als ich mich das letzte Mal von ihm verabschiedet hat, sagt er plötzlich: Ma’asalam, Sadieka!
Ich schaue fragend, verstehe nicht, was das heißt. Ein anderer Mann, der Englisch kann, sagt: Sadieka means friend.
Im Nachhinein habe ich rausbekommen, dass Sadieka viel mehr bedeutet als Habibi. Das ist wirklich etwas ganz besonderes.
Jetzt wünsche ich noch nachträglich ein Frohes Neues Jahr an alle!
Und herzliche Grüße von der sonnenbestrahlten Terrasse des Cafés aus,
eure Hanna.