Gestern bin ich zurück gekommen von einem Wochenende im Kibbuz.
Ein Kibbuz ist eine kommunenähnliche Gemeinschaft aus mehreren Gebäuden und Familien, die dort leben. Es ist abgeschottet von der Außenwelt und kann (heutzutage nicht mehr so wie früher) fast autonom leben. In den Anfängen des Zionismus‘ gab es eine große Kibbuzbewegung in Israel (was es sonst nirgendwo auf der Welt gab), die vor allem von sozialistischen Idealen geprägt war.
Wir sind am Sonntagmorgen in das Kibbuz Ein Hashofet gefahren. Das liegt im Norden, in der Nähe von Nazareth und Megiddo.
Es war ein reiner Mädchen-Ausflug, denn unsere Gruppe bestand aus meiner Mitfreiwillige, einer Freiwillige vom Institut, unserer Café-Volontärin und eine 18jährige, deren Familie hier lebt und arbeitet und mir.
Nach 2stündiger Fahrt wurden wir im Kibbuz herzlich von einem älteren Mann empfangen. Er lebt schon seit er klein ist dort und konnte uns viel erzählen.
Das Kibbuz ist ein sehr idyllischer und friedlicher Ort, es leben dort etwa 800 Menschen, also ein richtiges Dorf. Es ist dort längst nicht mehr so sozialistisch, wie man es früher einmal war. Unser Gastgeber hat uns erzählt, dass er Geld das erste Mal mit 12 Jahren gesehen hat.
Jedes Mitglied des Kibbuzes gibt sein Einkommen – unabhängig davon, ob er/sie im Kibbuz arbeitet – an den Kibbuz ab und jede/r bekommt auch die gleiche Menge an Geld zur Verfügung. Wobei natürlich unterschieden wird, wie viele Kinder eine Familie hat, etc.
Die Leitung des Kibbuzes nehmen 3 Verantwortliche. Jede/r hat einen eigenen Bereich: Soziales, Geschäftliches (Gebäude, etc.) und Geldverwaltung.
Es gibt einen großen Essenssaal, in dem es aussieht wie in einer Kantine. Man hatte eine sehr große Auswahl und es war sehr, sehr lecker!
Außerdem gibt es im Kibbuz einen Kindergarten, einen sehr großen Kuhstall, eine Fabrik, einen kleinen Zoo, einen Arzt und einen Zahnarzt, einige kleine Felder, Pferde, einen Shop und ein kleines Museum.
Vor allem der Kuhstall gab mir das Gefühl „Ferien auf dem Bauernhof“ zu machen, was mich auch sehr an Deutschland und meine Kindheit erinnert hat.
Der Kibbuz produziert sehr viel an Milchprodukten selbst: Käse, Joghurt, selbstgemachtes Eis, etc., was alles sehr gut geschmeckt hat.
Ein tolles Erlebnis für mich persönlich war mal wieder Fahrrad zu fahren! Das geht in Jerusalem schlecht und deshalb bin ich – obwohl ich Deutschland täglich Fahrrad gefahren bin – 2 Monate lang nicht auf einem Rad gesessen. Konnte das also richtig genießen.
Wir haben dann von unserem Gastgeber und seiner Frau eine sehr bequeme Unterkunft für die Nacht bekommen und abends auch gemeinsam mit ihnen gegessen, was ich sehr interessant fand. Die beiden waren sehr offen und freundlich uns gegenüber. So viel Gastfreundschaft haut einen echt um!
Später am Abend hat uns unser Gastgeber mit einem der Autos, die Mitglieder des Kibbuzes ausleihen können (also eine Art Carsharing), in den Wald auf einen Aussichtspunkt gefahren.
Um uns herum unendlich viele Lichter und gleichzeitig absolute Dunkelheit.
Plötzlich haben wir ein lautes Heulen vernommen und ich habe es fast schon mit der Angst zu tun bekommen. Aber unser Gastgeber meinte ganz amüsiert, dass das nur Schakale seien, die nach uns riefen.
Am nächsten Morgen konnten wir nach dem Frühstück noch unzählige Mandarinen, Zitronen, Limetten, Pomelos, Orangen, Grapefruit und Blutorangen pflücken und mitnehmen. Ich glaube, wir können uns noch Monate lang davon ernähren.
Danach sind wir zu einem Strand dort in der Nähe gefahren, Nahsholim, der wunderschön und menschenleer war. Ich kann es immer noch kaum fassen, dass ich so nah am Meer wohne!
Alles in allem war es ein wunderbares, erholsames Wochenende und ich konnte von dem ganzen Chaos von Jerusalem mal ein bisschen abschalten.
Was mich auch sehr gefreut hat, war, dass unser Gastgeber erzählte, dass er manchmal kranke Palästinenser aus der Westbank in israelische Krankenhäuser bringt.
Solche kleinen Initiativen sollte es viel mehr geben und sie sollten, meiner Meinung nach, viel öffentlicher gemacht werden, da es kleine Schritte sind, die (vielleicht irgendwann mal) Frieden in diese Region bringen.
Jetzt aber genug geschrieben.
Der Zoo.
Eine der beiden Riesenschildkröten.
Das Kibbuz heute.
Die Gründer haben damals auf dem trockenen, steinigen Boden viele Bäume gepflanzt.
Die Anfänge des Kibuzzes.
Das Kibbuz in den 60ern.
Ein Teil der Gründerfamilien (der Mann im weißen Hemd und die große Frau rechts daneben sind die Eltern unseres Gastgebers).
Leider kann man kleine Lichter so schlecht einfangen.
Der Eingang der Essenshalle.
Ein Kunstwerk eines Kibbuz-Mitgliedes, welches die Elemente des Kibbuzes veranschaulicht.
Der Luftschutzbunker. (Man beachte den Liegestuhl auf dem Dach; sehr paradox.)
Eingang zum Bombenbunker.
Das Haus unserer Gastgeber.
Auf der Arbeit ist gerade sehr viel los. Bald feiern wir St. Martin mit einem großen Umzug.
Ich habe mich hier sehr gut eingelebt inzwischen (es sind jetzt mehr als 9 Wochen). Im Moment kann ich mir gar nicht mehr richtig vorstellen, nach Deutschland zurückzugehen.
Soweit das Neuste von mir!
Liebe Grüße aus dem warmen Jerusalem, Hanna